Am Sonntage Invocavit
Heute predige ich eine Predigt von Doktor Martin Luther. Auf dem ersten Sonntag der Fastenzeit, früher Invocavit genannt, Jahr 1534 predigte Martin Luther diese Predigt. Fast Fünfhundert Jahre später die Kirche geht weiter. Wir lesen immer noch Matthäus 4 an diesem Sonntag. Wir glauben immer noch an dem Gott und Retter Martin Luthers. Mit der Gemeinschaft der Heiligen durch alle Zeiten beten wir unser lieber Herr Jesus Christus an.
Hört ihr gut zu was Doktor Luther uns zu sagen hat!
Am Sonntage Invocavit (Dr. Martin Luther, 1534)
In diesem Evangelium hört ihr, wie der Herr Jesus nach seiner Taufe auf dreierlei Weise versucht ist worden, nachdem er 40 Tage und 40 Nächte in der Wüste gewesen und nichts gegessen hat […]
Nun ist aber dies ein weitläufig Evangelium, besonders wenn man es auf die ganze Christenheit ziehen will, die auch, wie Christus, durch Hunger und Verfolgung, durch Ketzerei, und endlich mit dem Reich der Welt versucht ist, wie die Geschichte, wer Achtung darauf hat, fein beweist. Aber wir wollen es diesmal nicht so weit bedenken, sondern bei der einfachen Lehre bleiben. Und aufs erste wollen wir dies Beispiel unseres lieben Herrn Christi vor uns nehmen, in welchem wir sehen, daß ein jeder Christ, sobald er getauft, wird er gestellt in das Heer gegen den leidigen Teufel, der wird ihm aufgeladen, und verfolgt ihn, weil er lebt. So es nun der giftige Feind nicht dahin bringen kann durch seine Anfechtung, daß er die Christen zu Fall bringe und über sie siege; so tut er, wie er mit Christus getan hat, und sieht, daß er sie an das Kreuz hängt und umbringt.
In solcher Gefahr stehen alle Christen. Denn das ist schnell auszurechnen, weil er den Herrn Christus selbst nicht verschont, sondern sich so trefflich gegen ihn gesetzt hat, wird er viel weniger schonen, da er weiß, daß wir viel schwächer und nicht so gut gerüstet sind. Darum mögen wir uns auf solch eine Gefahr einstellen, und am Herrn Jesus Christus hier lernen, wie wir solchem Feinde auch begegnen sollen, daß er von uns ablassen muß. Das geschieht aber allein durch den Glauben an Gott und sein Wort. Wer solchen Harnisch hat und recht braucht, der ist vor dem Teufel gut geschützt. Wer ihn aber nicht hat oder unrecht braucht, dem ist weder zu raten noch zu helfen gegen den giftigen Feind.
Darum soll ein jeder Christ sich fleißig zur Predigt und an dem Wort Gottes halten, daß mit Fleiß lernen und sich darin üben; daneben auch immer Gott in den Ohren mit einem ernstlichen Gebet liegen, daß er sein Reich zu uns kommen lassen, und uns nicht in Versuchung führen soll, sondern vor allem Übel gnädiglich bewahren.
[…]
Nun wollen wir auch die Anfechtungen nach einander besehen. Die erste ist, daß der Teufel zum Herrn Jesus Christus spricht, da er sieht das ihn hungert: “ Bist du Gottes Sohn, so sage, daß diese Steine Brot werden “. Solches scheint nicht so eine harte Anfechtung zu sein. Denn wir denken so: Was hätte es Christus geschadet? Er hätte leicht Steine zu Brot machen können. Hat er doch noch viel größere Dinge getan! Aber er will es darum nicht tun, denn er versteht den Teufel in seiner Sprache sehr wohl, der besonders das nicht sucht, daß Christus ein Wunder tun soll; sondern, wie man aus des Herrn Christi Antwort klar sieht, er wollte ihm gern den Glauben und das Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit nehmen, und ihm den Gedanken in das Herz stecken: Gott hat dich vergessen, er will sich dein nicht annehmen, er will dich des Hungers sterben lassen, und dir nicht ein Stück Brot gönnen. Darum antwortet der Herr: Ei, Teufel, nicht so; “ der Mensch lebt nicht allein von dem Brot, sondern von einem jeden Wort, daß da geht aus dem Munde Gottes “. Das also des Teufels Eingeben dies ist, er soll allein auf das Brot denken, und Gottes Wort nicht weiter achten, wenn er Brot habe.
Solche Anfechtungen gehen auch noch heute, daß der Teufel den Leuten solche Gedanken in das Herz steckt: Bist du Gottes Sohn, so kann Gott mit dir auch nicht zürnen. Darum so scharre nun getrost und sei geizig, tu wie die Welt tut, schadet alles nichts, du kannst nicht sündigen. Denn sollte Gott dir die Nahrung und das Brot nicht gönnen wollen, so müßte er doch ein schlechter Gott und unbarmherziger Vater sein. Mit solchen Gedanken macht er Bürger und Bauern zu Schälken, daß sie fortfahren mit Scharren und Geizen, und halten es dafür, Gott werden darum nicht zürnen, weil es allein um das tägliche Brot und die Nahrung zu tun ist. Ich muß ja, gedenkt ein jeder, für Weib und Kind sorgen, ihnen genug schaffen. Also macht der Teufel mit dem Wort einen Deckel über die Sünde, daß er spricht: Du bist Gottes Sohn. Als wollte er sagen: Du kannst ja nicht sündigen noch Unrecht tun. Wie man überall in der Welt sieht, daß niemand sich ein Gewissen darüber macht, daß er nach dem Wort ein wenig fragt, und fragt allein nach dem Brot oder der Nahrung. Darum geht diese Anfechtung auch heute noch in der Welt, daß der Teufel das Wort gering macht, und die Leute dahin treibt, daß sie nicht so sehr nach dem Wort fragen, als um das Brot.
Da muß man lernen und sich gegen solche Anfechtungen wehren, und sagen: Teufel, du willst mich gern vom Wort bringen; nein, es soll dir nicht gelingen. […]
Das ist das erste Stück, von der ersten Anfechtung, daß man Gottes Wort lernen soll und hoch halten, und demselben glauben, und sich durch kein Unglück und Mangel dahin bewegen lassen, daß man daraus schließen wollte, Gott wäre uns nicht gnädig, er wolle uns nicht helfen, er habe uns ganz und gar vergessen. Gegen solche Anfechtung tröstet uns niemand, denn allein das Wort Gottes. Das ist solch ein Brot und Speise: wer davon ißt, das ist, wer dem Wort glaubt, der hat das ewige Leben. Das merke gut. Wiederum das zeitliche Brot, nach dem alle Welt scharrt, hält nur solange, bis das Stündlein kommt, dann ist es aus, und muß danach in Ewigkeit Hungers sterben.
[…]
[…] Wir aber sollen dem Teufel unter die Augen treten, und ihm sagen, wie Christus sagt: Teufel, heb dich von mir weg, es steht geschrieben: “ Du sollst Gott deinem Herrn, allein dienen “, das ist, allein auf Gottes Wort sehen und demselben folgen, und außerhalb desselben keinen Gottesdienst anrichten. Auf diese drei Anfechtungen müssen wir gewappnet sein, weil wir leben. Sollen darum hier lernen, wie wir uns mit Gottes Wort dagegen schützen, daß wir auf der Mittelstraße gehen; und uns darum nicht den Glauben nehmen lassen, daß wir Stein und nicht Brot haben, wenn uns hungerte, noch im Glauben vermessen werden, oder endlich um Geldes um Guts willen vom rechten Gottesdienst abfallen; sondern zugleich im Glauben und in der Furcht Gottes beständig bleiben. Unser lieber Herr Christus, der diese Anfechtung und zu gut selbst überwunden hat, der gebe uns auch Stärke, daß wir es durch ihn überwinden und selig werden mögen, Amen.
Lesungen: 1. Mose 2,4-9; 2,15-17; 2,25-3,7 und Matthäus 4,1-11
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